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1996 | Foto Forum, St. Gallen

Titel
1996 | Bodytalk _Sprachkörper, St.Gallen
Datum
16. August 1996
Adresse
Sankt Gallen
Beschreibung

Ursina Roesch
Body Talk b/w Photography 1995 August 17 - September 14, 1996 Foto Forum St. Gallen, Switzerland

Presse-Information
Ursina Röesch
Sprachkörper, s/w Fotografien 1995
17.August -14. September 1996
Oeffnungszeiten: Mi - Fr- 15 - 18 Uhr Sa;.• 12-17Uhr
Die Darstellung des menschlichen Körpers ni der Kunst, ist so alt wie die Geschichte der Kunst selbst.Erst mitdem Beginn der Moderne des 20.Jahrhunderst verschwand er für
eine gewisse Zeit weitgehend aus den Darstellungen, jedoch nur, um dann um so vehementer wieder aufzutauchen. Vor allem in der Kunstund Theorie der 80er und 90er Jahrelässt sich wieder eine verstärkte Auseinandersetzung,mit demKörper feststellen. Zur Zeitfindetg a r ein regelrechter Boom von Ausstellungenstatt, die den Mensch und
dessen Körper zum Thema haben. (Da wäre z.B. an die Ausstellung „Vom Verschwinden desKörpers"zuBeginn dieses Jahres ni Aarau zu denken, an derU.Rösch ebenfalls beteiligtwar; oderan „Fremdkörper" mi Museum für Gegenwartskunst ni Basel, oder auch an die Ausstellung Inez van Lamsweerde im Kunsthaus Zürich, um nur einige zU nennen.) Stellt man etwa den Vergleich mit den 60er und 70er Jahren her, könnte man vom „Wechsel von der politischen Kultur zu einer Kultur des Körpers und seiner Sprachen" (Sigrid Weigel) sprechen,
Auchbei Ursing Rösch steht die Auseinandersetzung mitdem Körper im Zentrum ihrer
Arbeit, jedoch zeichnet sich diese durch eine enorme Vielfalt ni der Wahl ihrer Ausdrucksmittel aus. Die Künstlerin bedient sich der Zeichnung genauso wie der
,Fotografie, Stimm- u. Tanzperformances gehören ebenso zu ihrem Repertoire, wieeigene Texte. Die wesentlichen Impulse für ihr work ni progress erhält Ursina Rösch durch Erfahrung und Beobachtung. So sind ihre Performances z.B. als Versuch zu verstehen, gegenwärtiger Zeit und Erfahrung einen körperlichen und/oder stimmlichen Ausdruck zu verleihenunddamit einRespons, eine Antwort ni der Zukunft zu provozieren. Ihre thematischen ArbeitenbezeichnetdieKünstlerinselbstals"faction" also ein
Zusammenspiel von Fiktion, Faktum und Aktion. In der Zusammenführung von
verschiedenen Elementen wie Körper . Objekten; Szenarien; Installationen und Performances entstehen neue Kontexte, neue Verbindungen und somit neue
Erlebbarkeiten
Die Arbeiten der Serie „Sprachkörper" zeigen Fotos , inder Schärfe einesRöntgenblicks, die klaren Umrandungen der Formen hinterlassen durch die fotografischen Ueberlage- rungen von Körperteilen eine visuelle Irritation des Vertrauten. Auf zweiter Ebene kommen Zeichen dazu, deren Deutung und Verstehen sich aus der symbolischen Struktur ergeben. DieSprachespricht Körper, gibt Körper Namen, Beschreibungen, schafft neue, nicht- physische Körper. Der Körper, die Gefühle des Körpers werden ni Sprache umgewandelt, suchen Ausdruck ni einer codierten Zeichensprache, d i esich lautmalerisch erahnen lässt. Die Sprache lässt Differenzierungen zu. Das Abbild des Körpers verschwindet ni der nevenassoziativen Zusammensetzung" (Kat. Aarau, 1996)
MeineTexte sind die Basis meiner kÜnstlerischen Arbeit" sagt Ursina Rösch. Und so nahm sie denn auch die Texte mi wahrsten Sinn als Grundlage, indem sie sie auf dem Boden ausbreitete und sichanschliessend daraufselzte,um Teile ihres Körpers zu fotografieren. ZieldieserAktion war es Grenzen aufzulösen, Körpergrenzengenauso, wie Sprach- grenzen und damit schlussendlich eine Auflösung sogenannter Realitäten zu bewirken.
ni der fotografischen Ueberlagerung von Körperteilen und, Schrift werden Korrespondenzen, Begegnungen von Körpersprache, Bewegungssprache und Schriftsprache ermöglicht. Der Text wird zum Bild undErfahrungen, die sich ni den Körper eingeschrieben haben werden in Wortsprache Übersetzt. Die Ueberlagerung verschiedener Bild- und Textebenen führt jedoch wider Erwarten nicht zur bildnerischen Verdichtung, sondern mi Gegenteil zu erhöhter Transparenz, Der Körper erscheint nicht als-kompaktes Ganzes, sondern ni Teilen, die nicht einmal imrer konkret zuzuordnen sind; dieTexte sind seitenverkehrt, fragmentiert und übereinandergeschichtetnichtmehr lesbar. Die Künstlerin verzichtet auf die festschreibende Darstellung von Wiklichkeit. Dem Bedürfnis des Betrachters nach identifizierbaren Bildern trägt Ursina Rösch lediglich ni fast ironischer Weise Rechnung. Intim und anonym zugleich erscheinen auf den Fotosnur Details. Arme,Füsse und immer wieder diese stark behaarten Beine,doch auch hier erhebt sich sofort die Frage, ob es sich nun ummännliche,oder weibliche Beinehandelt. Auf der Suche nach einerAusdrucksform jenseits von Zeichnung und Malereigriff die Künstlerin naheliegender Weise nach dem,was ni ihrem Atelier immer zu Verfügung stand: der eigenen Person. Die Verwendung einerFotokamera ermöglichte ihr Haltungenund Bewegungsabläufe zu erforschen und den Körper als Gegenstand der Selbstbefragung zu nutzen. "In der suchenden Hinwendung zu sich selbst kann die ereichte Nähe unvermutet beklemmendwerden und der Körper, das Nächste immer fremder"(Th.VischerKat. Basel : 1996). „Schlussendlich ist alles Körperbeschreibung" schreibtUrsinaRösch„Ortewerden alsRäume (Körper), Räume als Worte begriffen. Die Spracheals Wort ist Selbstdar- stellerin ihres Prozesses.
DenKörperbetrachten, als wäre es einFremder, das ermöglicht die Kamera dis Distanzmittel.Im Detail betrachten, beobachten underforschen erfordert,die Kamera als Zentrierungshilfe einzusetzen, jegliche periphere Wahrnehmung auszuschalten, ganz dem Ausschnitthingegeben. So wiewir joauchin unserer alltäglichen Erfahrung den Körper kaum jemals als Ganzes wahrnehmen, sondern immer nur fragmentiert.
Mann Frau; Text Bild; Innen Aussen; DichtTransparent erscheinen ni der Arbeit von Ursina Rösch nicht länger als entgegengesetzte Antipoden, sondern als einander durchdringende Möglichkeiten.Körper verstanden als psychisch, sexuell, politisch und sozial geprägter Code wird gleichermassen als Sitz undProdukt von Erfahrungendefiniert.In diesemSinne istdie Arbeit„Sprachkörper" von Ursina Rösch sowohl als autobiografische, als auch als allgemein wissenschaftliche zu interpretieren.
Marion Landolt

English
Foto Forum St. Gallen Davidstrasse 40
CH-9000 St. Gallen Switzerland
+44 71 245 14 56
Press Information: Ursina Rösch
The portrayal of the human body in art is as old as the history of art itself. At the beginning of 20th century Modernist Period, it submerged shortly
only to re-emerge with a vengeance. The revisited confrontation between artists and the human body strongly manifested itself in the art and the
accompanying theories of the eighties and nineties. At present, a veritable boom in respect to representations of humankind and the human body,
can be witnessed at expositions. For example, this could be observed at the exposition "Concerning the Disappearance of the Body", where
Ursina Rösch was also a participant, in Aarau, Switzerland, at the exposition "Alien Bodies" at the Museum for Contemporary Art in Basel, Switzerland, as well as at Inez van Lamsweerde's exposition at Zurich's Museum of Fine Arts, to mention but a few. If one were to make a
thematic comparison to the sixties and seventies, one might attest to a "transformation from a political culture to that ofthe body and its o w n language" (Sigrid Weigel).
Although a coming to terms with representations of the body is also at the core of her work, the wide range and depth ofexpression that Ursina Rösch chooses to employ is striking. The artist exploits her whole
repertoire; drawing, photography, performance: voice and dance, as well as her own texts. She attributes the essential impulse for her works-in- progress to observation and experience. For example, her performances can be interpreted as an attempt to lend "contemporality" an experience, an "embodiment" and/or a voice as a realization, and so provoke an answer in the form of a response in the projected future. She describes her thematically oriented work as "faction" a semantic blend of fiction, fact and action. The intertwining of varied elements such as bodies and objects, scenarios, installations, and performances elicit new contexts, constellations and experientially derived realities.
The works from the series "Body Talk" consist of photographs which, in
using outlined forms, "rival the sharp detail of x-ray plates; a visually
disturbing panoply of members compounded by disorienting superimpositions. Words underliethe visual, relegated to a background which can be understood as a function of the overall symbolic structure.
Indeed, the language speaks of thebody, names and describes it, and lastly, "clones" a new "meta-material" body. The body as a representation, along with its concomitant kinaesthetic is transformed into language, seeks its own linguistic construct in a code system reminiscent
of the onomatopoetic. Unfettered, the language is allowed to play variations on each theme, and soon the body recedes from view giving way tonew associative images" (Cataloge Aarau, 1996).
"My texts constitute the basis upon which my works are created", says Ursina Rösch. Here, she took this approach literally - she spread the texts out on the floor and used them as a backdrop as she set about photographing parts of her body. The aim of this approach was to dissolve so-called reality by challenging and removing borders; the
borders between bodies and languages. The result is a photographic
superimposition and juxtapositioning of correspondence material, body- linguistical encounters, the language of movement, as well as the printed word. The texts are transformed into images while the experiences that have been stored in the body are translated into worded communication.
Contrary to expectation, this layering ofthe various images and texts does
not lead to a cluttering of visual components, but rather to a transparence. The body does not appear as a compact whole, but in segments which are not always recognizeable; the texts are reversed, layered and fragmented to the extent that they are at times unreadable. For the artist, a prescriptive
visualization of reality is superfluous. Ursina Rösch merely indulges the observers' compulsion to orient themselves according to identifiable visual anchors, in almost ironic fashion. Only details appear in the pictures which are simultaneously intimate and anonymous. Arms, feet and again and again the appearance of such haired legs that one must
wonder if they should belong to a woman or man. In her search for a form of expression divorced from drawing and painting, the artist chose to use what she doubtlessly and continuously encountered in her atelier - herself.
Ursina Rösch's use of the camera enabled her to research positions, sequences of movements while using her own body in the quest for (her-
)self. "In this grappling with one's self, the closeness that can be achieved is perturbing and the body becomes more and more estranging" (Th.
Vischer Catalog Basel 1996). "In the end, everything revolves around the description of bodies" Ursina Rösch writes, "Places are defined in the
sense of space coordinates (space is a body unto itself), and in turn, displacement also again in words. Worded communication is in itself the
proof of this process."
The camera makes it possible to observe the body from a distance just as a stranger can. It also helps to center focus upon a defined area and its
details, provokes inquiry and experimentation by masking off all other peripheral perceptions. The same can be said for us as we, in our daily waking state, scarcely experience our bodies as a whole, but rather
usually fragmentally. Woman - Man; Text - Visual; Interior - Exterior. More than a crystalline distillate ofvying opposites; Ursina Rösch's work demonstrates how these elements are interwoven and determine
possibilities in concert. The body is to be understood as both a repository and emanating source of psychologically, sexually, politcally and sociologically-oriented code sequences. In this respect, Ursina Rösch's work is not only autobiographical, but also to an extent, a scientific artifact...
Marion Landolt, Switzerland

Foto Forum St. Gallen z. Zt. Davidstr.40 9000 St. Gallen

Partizipierende
  • Kurator:in:
  • Marion Landolt
  • Institution:
  • Fotoforum