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2021 |  Kunsthalle Vebikus Bodyresearch, Identity is negotiable 

Titel
2021 | Kunsthalle Vebikus Bodyresearch, Identity is negotiable, 
Datum
6. Juni 2021 - 12. September 2021
Adresse
Kunstkästen Schaffhausen
Beschreibung

Kunsthalle Vebikus urgart, Bodyresearch. Identity is negotiable, 2. Ausstellung 2021: 6. Juni bis 12. September 2021, Kunstkästen Schaffhausen.

Es freut uns darum sehr, dass wir Euch zur nächsten Eröffnung mit Rundgang einladen können. Für "Das Feministische Kapital" hat urgart (*) Werke aus drei existierenden Kunstserien ausgewählt. Die Ausstellung «Bodyresearch. Identity is negotiable.» spielt mit unserer Wahrnehmung des Körpers. Urgart und wir freuen uns auf dem Austausch mit Euch beim Rundgang. Die Arbeiten sind während 24h sichtbar.

(*) urgart ist der Künstlername von Ursina Gabriela Roesch. Sie ist Mitinitiantin der Plattform FATart und Gründerin der FATart Fair, non-profit Kunstmesse & Ausstellungsplattform, welche Kunst von Künstlerinnen FLINT seit 2018 in der Kammgarn West in Schaffhausen zeigt. Mehr Infos unter www.fatart.ch
Die Ausstellung «Bodyresearch. Identity is negotiable.» ist während der nächsten FATart Fair (10.-12.09.21) besuchbar. Wir werden Euch mit dem nächsten Newsletter daran erinnern.

Der weibliche Körper – ein Tabu?

„Das feministische Kapital“ zeigt in den Kunstkästen Werke von Ursina Gabriela Roesch. Die Künstlerin ist in Schaffhausen bekannt als Mitinitiantin der Kunstplattform FATart. In den Kunstkästen stellt Roesch fotografische Werke aus, die den Körper zeigen; explizit und doch intim.

In verschiedenen feministischen Kunstwerken spielt der Körper eine bedeutende Rolle, als Ort der Lust, als Arbeitskraft, als Ursprung der Mutterschaft, als Mittel zur Selbstbestimmung…. Naheliegend also, dass die Zürcher Künstlerin Ursina Gabriela Roesch, die ihr Atelier im Kammgarn West hat, die nächste Ausstellungsrunde von „Das feministische Kapital“ bespielt. Ursina Gabriela Roesch ist Multimedia-Konzeptkünstlerin und nennt sich kurz urgart. Sie befasst sich seit vielen Jahren mit dem Körper, aufmerksam, mit Humor und Zuneigung für diese Hülle, die uns ein Leben lang trägt.

Das Tabu Körper

Die Künstlerin sagt zur Ausstellung augenzwinkernd: „Wer macht in der Schweiz die geilsten Werke zum Thema Körper? Ich.“ Es ist wohl diese selbstbewusste Kompromisslosigkeit, die urgart weitermachen lässt in einer Welt, von der sie bislang nicht nur Zustimmung erfahren hat. Zu oft habe sie sich Sätze anhören müssen wie: „Wären Sie ein Künstler, könnten wir die Arbeit schon ausstellen.“ Unser patriarchales System hat eben sehr klare Vorstellungen davon, wer den weiblichen Körper wie zeigen darf. Nackte Körper künstlerisch darzustellen, sei immer noch Männern vorbehalten, sagt urgart.
Künstlerinnen, die es trotzdem tun, müssen damit rechnen, dass sie auf Widerstand stossen. So manche Betrachterin wird aus ihrer Komfort-Zone geholt, wenn urgart vermeintlich anrüchige Hautfalten abbildet.
Es ist schon so – wir haben alle einen Körper, aber unser Verhältnis dazu ist ein zwiespältiges. Wir sind auf ihn angewiesen und gleichzeitig kann er, gerade für uns Frauen, nie gut genug sein. Da sind so viele Normen: Wir sollen dünner sein, schöner, fitter…

Normen aufbrechen

Normen sind langweilig. urgarts Kunst ist von Neugierde auf all das angetrieben, was jenseits der herrschenden Normen liegt. Sie nähert sich diesem Bruch spielerisch und doch ernst, mit Energie und Wut über die Eintönigkeit der traditionellen Rollen.
urgart stellt in den Kunstkästen Ausschnitte aus drei Fotografie-Serien dreier verschiedener Epochen aus. Die älteste Arbeit zeigt Schwarzweiss-Fotografien von Körperteilen, die auf Texten liegen. Haare, Spalten und Kurven, Andeutungen von Stellen, nicht immer ist klar, was da grad was berührt. Es ist eine Überlagerung zweier Systeme – die Sprache und der Körper – die beide persistenten gesellschaftlichen Normen ausgesetzt sind. Die Arbeit erschien in den 90er-Jahren. Nackte Haut so schonungslos zu zeigen, war auch damals in der Öffentlichkeit unüblich. urgart erinnert sich lachend an die heftigen Reaktionen, die insbesondere das Zeigen von Körperhaar auslöste. Die einen fanden es wunderschön, andere unerhört abstossend. Und wieder andere fanden das alles ziemlich erotisch. „Wessen Körper ist denn das? Und was ist da genau abgebildet?“, fragten fast alle.
Darauf gibt urgart keine Antwort. Sie spielt genau damit, dass Betrachterinnen sofort schubladisieren wollen. Auch heute noch, wo wir uns nackte Haut schon deutlich gewohnter sind.
Auch die zweite Serie arbeitet mit unseren traditionellen Vorstellungen vom „typisch“ weiblichen oder männlichen Körper. Die Abbildungen enthalten Hinweise auf dieses oder jenes Geschlecht und zeigen so auf, wie fliessend die Grenzen sind.
In der dritten Arbeit sehen wir witzige, rosa-fleischige – nun ja, was ist es? Hautlappen? Geschlechtsteile?
Darf man das denn ausstellen? Den Leuten zumuten? urgart sagt dazu: „Das Tolle an Kunst im öffentlichen Raum ist doch: Wenn es dir unangenehm ist, kannst du ausweichen. Wenn du ein Kunstwerk nicht in Begleitung anderer betrachten möchtest, kannst du dich einfach nachts nochmals dahinschleichen und das Werk ganz in Ruhe anschauen.“

Sichtbarkeit von Frauen in der Kunst

Jenseits der Normen liegt viel künstlerisches Potenzial brach. Nicht nur bei sich selbst, sondern bei zahlreichen Künstler*innen, findet urgart. Das ist unter anderem ein Grund, warum sie 2016 FATart mit Mark Damon Harvey gegründet hat. Das Projekt setzt sich ein für eine bessere Sichtbarkeit von FLINT (Frauen, Lesben, intersexuelle und Trans-Personen) und Diversität in der Kunst. FATart organisiert beispielsweise seit 2018 jährlich die FATart-Kunstmesse in der Kammgarn West. Rassismus oder Sexismus sind Themen, die aufgegriffen werden, die gemäss urgart sonst zu wenig Resonanz erfahren. Darum findet sie es ungemein wichtig, sich mit anderen Künstlerinnen zu solidarisieren und sich gegenseitig zu unterstützen.Auch diese Verbundenheit zu anderen Künstlerinnen lässt sie immer weitermachen in dem System, das den Wert weiblichen Schaffens noch nicht anerkennt. „Die Werke und das Tun anderer Künstlerinnen geben mir Kraft. Sie sind für mich Batterien, die mich immer wieder aufladen.“

Silvia Savoldi und Eleonora Stassi
Collettiva Kuratorinnen
www.collettiva.ch

Partizipierende
  • Kurator:in:
  • Silvia Savoldi und Eleonora Stassi
  • Institution:
  • Kunsthalle Vebikus
  • Kunstkästen
  • Feministische Kapital